Wie ich zum (spi-)rituell tätowieren kam

Sommer 2008 im Zürcher Niederdorf.

Ich lasse mir gerade ein polynesisches Symbol, ein Band um den Unterarm, tätowieren. Seit meinem 18. Geburtstag zwei Jahre zuvor komme ich in dieses Studio, lasse mich von M. tätowieren. Es ist ein heisser Sommertag, und das Fenster in unserem Zimmer im 1. Stock ist offen.

Plötzlich flüstert Spirit in mein Ohr: "Das geht auch ohne Maschine."

"Was denn?", frage ich innerlich nach.

"Na tätowieren. Weisst Du nicht mehr? Das haben wir so oft gemacht. Du hattest damals aber noch einen anderen Körper."

Ich überlege. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass Knastis sich mit Tusche tätowieren. Da ist eine Papeterie auf meinem Nachhauseweg, und Nähnadeln sollte ich zuhause haben.

Während ich bereits meinen Plan fasse, flüstert Spirit weiter:

"Und alles, was jemand, der unten auf der Strasse geht, denkt, während er das Surren der Maschine hört, geht in Dein Tattoo rein."

Ich überlege. Energie folgt der Aufmerksamkeit. Das macht also absolut Sinn.

"Können wir bitte das Fenster schliessen?", bitte ich M. Er zuckt mit den Schultern und setzt meinen Wunsch um.

Wieder zuhause, mit frischen Nähnadeln und Tusche ausgerüstet, setze ich mich hin. Stand da nicht, man solle einen Faden um die Nadel wickeln, weil Nähnadeln nicht zum halten von Farbe gemacht sind? Ja, so geht's einfacher. 

Typisch junge Dada mache ich mir nicht die Mühe, ein Motiv zu stechen. Kleine, feine Linien sollen es werden - üben halt.

Kurze Zeit später erhalte ich den Tipp, mal bei Pullmann anzufragen, ob sie mir echte Tattoo Supplies liefern können (zu dieser Zeit war der Verkauf davon nur an Studios erlaubt), und arbeite fortan dank deren Grosszügigkeit mit "echten" Tattoonadeln & -farbe.

Es vergehen fünf Jahre des Selbststudiums, bevor ich meinen menschlichen Handpoke Tattoo-Mentor in Indien kennenlerne und bei ihm eine Ausbildung buche.

Nur um von ihm irgendwie bereits bekannte Worte zu hören:

"Du kannst das schon. Weisst Du nicht mehr, wir haben das oft zusammen gemacht. Wir hatten damals nur andere Körper."

Bis heute trage ich diese ersten Übungslinien von 2008 stolz auf meinem linken Unterarm. Sie sind weder sehr gerade, noch sehr schwarz (Tusche halt). Aber: sie erinnern mich an einen der Momente, die mein Leben nachhaltig verändern sollten.

Dada Chi

Verbindung von Seele und Selbst

https://www.dadachi.com
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